Historischer Rebensatz

Der “Histo­ri­scher Rebensatz” ist die Rhein­gauer Variante eines “Gemischten Satzes”, wie er seit vielen Jahrhun­derten auch hier im Rheingau bekannt ist, in seiner Bezeichnung aber mittler­weile ausschließlich für Weine aus Öster­reich vorbe­halten ist.

Mit unserer Initiative möchten wir den Anbau histo­ri­scher Rebsorten stärken und tradi­tio­nelle Anbau­me­thoden reakti­vieren. Dies sehen wir als Beitrag für eine höhere Biodi­ver­sität, aber auch als Instrument zur erleich­terten Vermarktung durch inter­es­sierte Weingüter. Denn eine Besinnung auf Tradition muss sich auch wirtschaftlich rechnen, nur so wird der Verbraucher ein außer­ge­wöhn­liches Produkt genießen können.

Seit 2016 treffen sich inter­es­sierte Weingüter und Vertreter der Rhein­gauer Insti­tu­tionen und Verbände sowie Verant­wort­liche aus der Verwaltung, um unter Feder­führung unseres Vereins das Bild eines “Histo­ri­scher Rebensatz” zu formen.

Über die Jahre wurde eine Richt­linie ausge­ar­beitet, die Anfor­de­rungen an einen “Histo­ri­scher Rebensatz” formu­liert, die mit Stand 2/2020 nunmehr den fast endgül­tigen Stand erreicht hat (dazu unten).

Ziel war es zunächst, “Histo­ri­scher Rebensatz” als Gütezeichen nach dem Weinrecht zu etablieren (ähnlich wie “Erstes Gewächs”), um eine Unver­wech­sel­barkeit, garan­tierte Qualität und Exklu­si­vität sicher­zu­stellen. Mit Novel­lierung des Herkunfts­systems rückten die Bezeich­nungen “Erstes Gewächs” und “Großes Gewächs” in die Spitze der Quali­täts­py­ramide auf und Gütezeichen werden in Hessen nun nicht mehr verwendet.

Statt dessen treten die sogenannten Produkt­spe­zi­fi­ka­tionen in den Mittel­punkt, in denen die Weinbranche selbst für eine Definition der Quali­täten Sorge tragen soll. Und so liegt es nahe, “Histo­ri­scher Rebensatz” dort zu verankern. Derzeit finden sich die Spezi­fi­ka­tionen der geschützten Ursprungs­be­zeichnung Rheingau in der Überar­beitung. Ein guter Weg!

Auch wenn es bis zur Aufnahme in die “g.U. Rheingau” aus formellen Gründen noch dauern wird: “Histo­ri­scher Rebensatz” ist bereits einge­tragene Wort-/Bild­marke des Vereins und durch das Deutsche Patent- und Markenamt geschützt.

Weine mit der Bezeichnung “Histo­ri­scher Rebensatz” sind bereits erhältlich und warten auf die Verkostung (Stand 3/24):

Histo­ri­scher Rebensatz, Kyphausen 7
Weingut Baron Knyphausen, Eltville-Erbach

Histo­ri­scher Rebensatz, Insel Marian­nenaue
Weingut Schloss Reinharts­hausen, Eltville-Erbach

Histo­ri­scher Rebensatz
Weingut Wilhelm und Michael Hück, Hochheim am Main (erster Jahrgang 2023)

Field Blend — Zurück in die Zukunft
Weingut Hanka, Geisenheim

Histo­ri­scher Rebensatz
Weingut Laquai, Lorch am Rhein (Projek­tierung)

Richt­linie Histo­ri­scher Rebensatz Rheingau in Kürze

  • Der „Histo­ri­scher Rebensatz“ kann aus Weiß- und Rotwein­sorten bestehen.
  • Es müssen mindestens fünf Rebsorten angebaut werden, deren Anbau bevorzugt im Rheingau vor dem Jahre 1900 dokumen­tiert ist.
  • Die Rebsorten des „Histo­ri­scher Rebensatz“ müssen auf einer Bewirt­schaf­tungs­einheit angebaut werden.
  • Der zeilen­weise Anbau der Rebsorten ist erlaubt.
  • Die bepflanzten Parzellen müssen unter der Bezeichnung „Histo­ri­scher Rebensatz“ in der amtlichen Weinbau­kartei des Landes Hessen einge­tragen sein.
  • Die Lese der Rebsorten, deren Kelterung und Ausbau erfolgen zusammen.
  • Beim Ausbau ist das tradi­tio­nelle Holzfass zu bevor­zugen.
  • Beim Wein des „Histo­ri­scher Rebensatz Rheingau“ handelt es sich bevorzugt um trockenen Quali­tätswein (QbA).
  • Der Wein darf frühestens ab dem 1. Juni des auf die Ernte folgenden Jahres in Verkehr gelangen.
  • Als geogra­phische Angabe ist auf dem Etikett das Anbau­gebiet sowie die Angabe der Gemeinde zulässig.

Zusam­men­setzung „Histo­ri­scher Rebensatz“

  • Der Anbau klassi­scher histo­ri­schen Rebsorten darf max. 25 % der Anbau­fläche des „Histo­ri­scher Rebensatz“ betragen.
  • Der Wein eines „Histo­ri­scher Rebensatz“ muss mindestens vier sonstige histo­rische Rebsorten enthalten.

Liste der histo­ri­schen Rebsorten im Rheingau
(nach Vorster 1765 (1), Bronner 1836 (2) und Heckler 1858 (3))

Riesling 1,2,3
Orleans 1,2,3
Elbling (Klein­berger) 1,2,3
Lambert­traube (Hammel­schwarz) 1,3
Ruländer 1,3
Traminer 2,3
Silvaner (Oestreicher) 2,3
Veltliner (Feldliner) 2,3
Muska­teller 1
Ortlieber 2
Gutedel 3
Räuschling (Reischling) 3
Heunisch

Klassische weiße histo­rische Rebsorten

Weißer Riesling
Ruländer (Synonym: Graubur­gunder)
Weißer Burgunder

Klassische rote histo­rische Rebsorten

Blauer Spätbur­gunder
Blauer Trollinger
Blauer Frühbur­gunder

Sonstige histo­rische weiße Rebsorten

Auxerrois, Blauer Silvaner, Früher Roter Malvasier, Gelber Muska­teller, Gelber Orleans, Gelber Ortlieber, Grüner Silvaner, Grüner Veltliner, Lambert­traube, Roter Elbling, Roter Gutedel, Roter Räuschling, Roter Riesling, Roter Traminer/ Gewürz­tra­miner, Roter Muska­teller, Roter Veltliner, Savagnin Blanc/ Weißer Traminer, Weißer Elbling, Weißer Gutedel, Weißer Heunisch, Weißer Räuschling

Sonstige histo­rische rote Rebsorten

Blauer Affen­thaler, Blauer Elbling, Blauer Gelbhölzer, Blauer Limberger, Blauer Portu­gieser, Färber­traube, Müllerrebe, Muskat Trollinger, Primitivo, Saint Laurent, Tauber­schwarz

 

Es ist nicht ausge­schlossen, dass im Rheingau auch weitere als histo­risch anzuse­hende Rebsorten angebaut worden sind, die in der Literatur bisher nicht belegt sind. Sofern solche Rebsorten mit dieser Eigen­schaft identi­fi­ziert werden können, so können auch diese als histo­rische Rebsorten im Sinne der Richt­linie anerkannt werden. Zur Förderung seltener histo­ri­scher Rebsorten sind für die Dauer einer Versuchs­ge­neh­migung auch nicht klassi­fi­zierte Rebsorten zur Erzeugung eines „Histo­ri­scher Rebensatz“ möglich.

 

Stand: 2/2020 (aktuelle Fassung)

Verein zur Förderung des Histo­ri­schen Weinbaus im Rheingau e.V.
Rhein­gauer Weinbau­verband e.V.