Gemeinsam für Biodiversität im Welterbe

Am 25. Oktober 2025 fand am Weinkul­tur­fenster in Lorch am Rhein eine besondere Aktion statt: Knapp 30 engagierte Menschen pflanzten gemeinsam 13 heimische Bäume auf einer angren­zenden Ausgleichs­fläche. Die Pflanzung war Teil einer ungewöhn­lichen Koope­ration zwischen dem Verein zur Förderung des Histo­ri­schen Weinbaus im Rheingau, dem Weingut Laquai, Hessen­Forst und dem Verein Wohnmobil für Klima­schutz. Mit der Aufwertung der ehema­ligen Brach­fläche wird ein wichtiger Lebensraum für Insekten und Vögel geschaffen – direkt neben dem entste­henden Weinkul­tur­fenster, das histo­ri­schen Steil­lagen-Weinbau erlebbar macht.

Eine Herausforderung mit langer Vorbereitung

Was einfach klingt, erfor­derte über ein Jahr sorgfäl­tiger Planung. Der Standort über dem Mittel­rheintal ist extrem: sehr steiniger Boden, wenig Humus­auflage, Trockenheit und Hitze bei geringer Wasser­ver­füg­barkeit. Die zentrale Frage war daher: Welche heimi­schen und stand­ort­ge­rechten Gehölze können unter diesen Bedin­gungen überhaupt gedeihen? In inten­siven Abstim­mungen zwischen allen Betei­ligten wurden schließlich robuste Sorten gefunden: Burge­r­ahorn, Mispel, Wildbirne, Wildapfel, Konstan­ti­nopler Apfel­quitte und Mehlbeere. Hessen­Forst, Forstamt Rüdesheim, koordi­nierte die Beschaffung dieser teils seltenen Gehölze.

Die Finan­zierung der Aktion in Höhe von 2.800 Euro übernahm der Verein Wohnmobil für Klima­schutz. Der bundesweit aktive Verein kompen­siert Fahrten mit Wohnmo­bilen durch verschiedene Umwelt- und Pflanz­ak­tionen – die Pflanzung in einem Weinberg war dabei eine Premiere.

Anpacken in steilem Gelände

Die Pflanzung selbst stellte alle Betei­ligten vor praktische Heraus­for­de­rungen. In dem steinigen Boden mussten die Pflanz­löcher maschinell vorbe­reitet werden – eine Aufgabe, die das Weingut Laquai übernahm. Auch das Freischneiden der zuvor überwu­cherte Fläche lag in den erfah­renen Händen des Weinguts. Bäume, Pflan­zerde, Stützen und Wasser mussten über schmale Wege an die Steil­hang­fläche trans­por­tiert werden. Beim letzten Pflanzloch, das mit reiner Muskel­kraft gegraben werden musste, spürten die Wohnmo­bi­listen besonders, wie heraus­for­dernd der steinige Unter­grund ist.

Trotz der Widrig­keiten ging die Pflanzung zügig voran. Die ungefähr drei Meter hohen Bäume wurden in die vorbe­rei­teten, mit Pflan­zerde gefüllten Löcher einge­setzt, die Erde aufge­füllt und angegossen. Ein profes­sio­nelles Team von Hessen­Forst sorgte anschließend für die fachge­rechte Montage der Stütz­ge­rüste, die den Bäumen sicheren Stand geben.

Dank und Würdigung der Partnerschaft

Winzer Gilbert Laquai vom Weingut Laquai begrüßte zu Beginn die Gruppe und berichtete von den umfang­reichen Vorar­beiten sowie den vielfäl­tigen Heraus­for­de­rungen. Sein beson­derer Dank galt allen Akteuren für ihr großes Engagement. Michael A. Else, Vorsit­zender des Vereins zur Förderung des Histo­ri­schen Weinbaus im Rheingau, stellte das Projekt Weinkul­tur­fenster vor und bedankte sich für die partner­schaft­liche Umsetzung der beglei­tenden Pflanzung. Albert Märkl, Vorsit­zender des Vereins Wohnmobil für Klima­schutz, zeigte sich stolz, zur „Aufwertung der Biodi­ver­sität im Welterbe Mittel­rheintal” – wie es das zuständige Forstamt Rüdesheim formu­lierte – beitragen zu können. Für seinen Verein war es zugleich die Pflanz­aktion mit der stärksten Betei­ligung bisher.

Maßgeblich für die Koordi­nation und fachliche Begleitung war Theresia Feldmann, Forst­be­amtin von Hessen­Forst, Forstamt Rüdesheim. Sie stellte die einzelnen Gehölz­sorten vor, erläu­terte den Ablauf der Pflanzung und überreichte dem Verein Wohnmobil für Klima­schutz eine Spenden­ur­kunde für die finan­zielle Unter­stützung.

Weinkultur erleben – vom Weinberg bis ins Glas

Die Wohnmo­bi­listen reisten standes­gemäß mit ihren Fahrzeugen an, die auf dem Betriebs­ge­lände des Weinguts Laquai einen spontanen kleinen Camping­platz bildeten. Von dort wurden die Teilneh­menden – gut ausge­rüstet mit Schaufeln, Grabgabeln, Gießkannen und begleitet von mindestens einem Dutzend Hunden – zur Projekt­fläche gefahren. Nach getaner Arbeit ging es zu Fuß zurück zum Weingut.

Dort bot sich Gelegenheit zur Besich­tigung des Weinguts, bevor der gemeinsame Abend mit Imbiss und einer beson­deren Weinprobe begann. Selbst­ver­ständlich durften dabei Weine aus histo­ri­schen Rebsorten nicht fehlen. Ulrich Steger, ehema­liger Vorsit­zender des Vereins und selbst Wohnmo­bil­fahrer, führte durch die Verkostung. Präsen­tiert wurden neben Weinen des Weinguts Laquai auch Gelber Orleans vom Weingut Josef Schön­leber, Histo­ri­scher Rebensatz des Weinguts Baron Knyphausen sowie Roter Riesling des Weinguts Hück aus Hochheim – vom anderen Ende des Rheingaus. Am Sonntag klang die Veran­staltung mit einer Wanderung über Lorch aus, bevor der temporäre Camping­platz wieder geschlossen wurde.

Das Weinkulturfenster – Geschichte und Zukunft des Weinbaus

Das Weinkul­tur­fenster ist seit 2024 mit sieben histo­ri­schen Rebsorten bepflanzt: Gelber Orleans, Weißer Heunisch, Gelber Klein­berger, Lambert­traube, Rosa Chardonnay, Silvaner und Auxerrois. Aus ihnen wird künftig ein „Histo­ri­scher Rebensatz” entstehen – ein Wein aus histo­ri­schen Rebsorten, die gemeinsam gelesen und ausgebaut werden, nach tradi­tio­nellem Vorbild des gemischten Satzes.

Derzeit werden die Ausstat­tungs­ele­mente umgesetzt: eine Wegeführung mit Infor­ma­ti­ons­punkten und Rastmög­lich­keiten, Aufent­halts­flächen und Aussichten, ergänzt durch pädago­gische Elemente zum Weinbau in der Steillage und im Mittel­rheintal. Das Projekt wurde anlässlich der BUGA 2029 initiiert und soll dort einge­bunden werden.

Das Projekt wird getragen durch den Verein zur Förderung des Histo­ri­schen Weinbaus im Rheingau e.V. und das Weingut Laquai als Eigen­tümer und Bewirt­schafter der Flächen. Die Bürger­stiftung Unser Land! Rheingau und Taunus und die Hochschule Geisenheim University unter­stützen das Vorhaben.

Gefördert wird das Projekt mit finan­zi­ellen Mitteln durch die Landwirt­schaft­liche Rentenbank und die Stiftung Flughafen Frankfurt/Main.

Die Pflanz­aktion am 25. Oktober 2025 zeigt, wie vielfältige Akteure gemeinsam zum Erhalt und zur Entwicklung der Kultur­land­schaft im UNESCO Welterbe Oberes Mittel­rheintal beitragen können. Die neu gepflanzten Gehölze werden die Fläche ökolo­gisch aufwerten und künftig offen­ge­halten – ein wertvoller Lebensraum für Flora und Fauna, der harmo­nisch mit dem histo­ri­schen Weinbau zusam­men­wirkt.

Weitere Infor­ma­tionen zum Projekt “Weinkul­tur­fenster Lorch am Rhein” haben wir auf dieser Seite zusam­men­ge­stellt.

Wohnmobil für Klima­schutz berichtet über den Tag auf der eigenen Webseite mit mehr Bildern.

Wenn Sie mehr über Lorch am Rhein erfahren möchten, besuchen Sie doch die Weinhis­to­rische Plattform auf Kultur.Landschaft.Digital (KuLaDig).

Beitragsbild, vlnr: Ulrich Steger (ehem. Vorsit­zender), Gilbert Laquai, Michael A. Else (Vorsit­zender), Theresia Feldmann (Hessen­Forst), Albert Märkl (Wohnmobil für Klima­schutz)

Pressestimmen

Rheingau Echo vom 6. November 2025, Seite 36